Jonathan Kluth wollte seinem ersten Album einen Namen geben, keinen Titel, keine glatte Beschreibung. Ophelia. Euphorisch bis sentimental, unheimlich und trotzig, sphärisch, brachial und leise. Das Debüt des in Berlin lebenden Songwriters hat viele Gesichter und eine unverkennbare Stimme. Elf Songs, die sich freigebissen haben, die einen vereinnahmenden
Kreis bilden, der hineinzieht, herumwirbelt und wieder freigibt. Erinnerungen an alte Zeiten und die Faszination neuer Welten wechseln sich ab, von krachendem Rockpathos wie in You Heal Me bis hin zu minimalistischkantigen und trotzdem eingängigen Stücken wie Squares führt die Platte des Mittzwanzigers durch einen großen Gefühlskosmos. Sie rennt nachts durch die
Wüste und öffnet verborgene Tore, um sie bei den ersten Sonnenstrahlen wieder zu schließen.
Ophelia ist eine musikalische Reflexion von Jonathans persönlicher Entwicklung als Songwriter, in sich geschlossen und energetisch. Die Wurzeln lassen sich früh finden Mit vier Jahren verkündet er seiner Familie den Wunsch, Geige zu spielen. Nach zehn Jahren klassischem Unterricht tauscht er sie als elterlich versprochene Belohnung für den ersten Preis bei Jugend musiziert gegen eine EGitarre ein, schreibt heimlich erste Songs und entdeckt seinen markanten Gitarrenstil, ein wildes Lebensgefühl, das damals wie heute schmettert, Funken sprüht und über die Bühne wirbelt. Der Moderator des ZDFkultur Fernsehformats TV Noir bezeichnete Kluth nicht zu Unrecht als „Saitenmetzger“. Zwischen bunt bemalten WG Wänden und musikalischen Fronten wachsen während der Studienzeit in Mannheim Ideen, formen sich Gemeinschaften. Musik ist im Zentrum und bei Jonathan Kluth nicht beschränkt auf übliche Instrumente. Einbauküchen und Bartresen entwickeln unter seiner Hand erstaunliche Klänge, wie er mit seiner EP „Rooms“ bewies. Nach zahlreichen eigenen Tourneen und Konzerten, unter Anderem mit Tina Dico, Matt Corby & Hey Rosetta zieht es den jungen Songwriter in die hitzige Anonymität Berlins. In dessen zeitfreier Umgebung gelingt es ihm, ein Debütalbum zu erschaffen, das alle Details und alle Weiten seiner musikalischen Entwicklung umfasst, die Nähe und Kraft seiner Live Performance ebenso widerspiegelt, wie den Hang zu ausgefallenen Soundexperimenten.
Es geht nicht um Perfektion sondern um Echtheit, innen und außen. Die physische Ausgabe des Albums ist mit Fotografien einer analogen Kamera gestaltet, die einen Teil ihrer Besonderheit einem Filmfehler zu verdanken haben. Damit entsprechen sie dem Stil der Aufnahmen: Den Großteil des Albums spielten Jonathan und seine Band in zwei Tagen ein, roh, kantig und am
Kern der Songs. Herausgekommen ist ein Sound, der mal an große Vorbilder wie Dave Matthews oder John Mayer, mal an Nirvana oder die Foo Fighters erinnert. Heute veröffentlicht Jonathan unter seinem eigenen Label Birdshill Records, gegründet in seiner Heimatstadt Alsfeld. |