Glamourös und doch billig und leer
In den zwölf Songs ihres Debütalbums "LAMETTA" singt sie über Begegnungen, Liebe, Trennungen, Freundschaften, Identitätsfindung und Erlebnisse im wunderbaren Königreich der Träume. Louka selbst fast es so zusammen: "Für mich ist das Album eine Aufzeichnung der letzen 3 Jahre. Jemand nannte das mal 'rotzige Zerbrechlichkeit' und ich mochte das. 'Lametta' beschreibt für mich treffend die Phasen, die ich in dieser Zeit durchlaufen habe. Es gaukelt dir Glanz und etwas Schillerndes vor, aber im Grunde genommen sind es nur billige Plastikstreifen aus Polyesther. Dann hab ich versucht, das Ganze für mich in der Musik umzudrehen. Nimm dir das, was dich auf den zweiten Blick enttäuscht hat und wirf Lametta drüber. So sind für mich auch die Songs, es gibt immer einen Twist ins Positive oder Hoffnungsvolle. Irgendwann wenden sie sich der Sonne zu. Oder in dem Fall vielleicht der Diskokugel."
Immer schön im Auge behalten
LOUKA ist eine Sollbruchstelle im Spielbetrieb des Pop, eine clevere und zugleich verspielte Beobachterin der Zeit und der Emotionen, sie ist eine Sängerin, die wir ab sofort nicht mehr dem Blickfeld unserer Radare entwischen lassen dürfen.
Louka: Biografie
Louka, die es vor zwei Jahren nach Berlin-Wedding verschlug, hat eine dieser Stimmen, die man nur einmal zu hören braucht — und danach nie wieder vergisst. Sie singt ihre eigenen, beobachtenden Texte in deutscher Sprache, vor allem aber ist ihre Phrasierung, ihr Vortrag einzigartig. Ihrer gesanglichen Performance, die wirkungsvoll von Beats getragen und in minimalistische Pop-Arrangements gebettet ist, kann man sich daher nur sehr schwer entziehen. Wenn sie etwa in dem Song „Utopia“ singt: „Irgendwas hält mich wach / Etwas wofür es sich zu kämpfen lohnt / Ich habe keine Zeit zu schlafen / Ich stehe auf und lauf und bin fast da“, dann hören wir eine junge Künstlerin singen, die nicht nur weiss, wohin ihr Weg sie führen wird. Wir hören zudem eine Sängerin, die ihre ganz eigene Art gefunden hat, wiedererkennbar zu bleiben — und hinter diesen stilistischen Merkmalen ganz eigene Geschichten zu erzählen vermag.
Louka: „Ich beobachte. Ich trage immer ein Notizbuch mit mir herum, um Zeilen aufzuschreiben, die mir begegnen — in der U-Bahn, auf einem Plakat, in der Zeitung, ein Fundstück beim Aufschnappen von Gesprächsfetzen. Aus diesen Zeilen collagiere ich meine Songs. Zuhause habe ich ein ganzes Bücherbord voll mit diesen Notizbüchern, die alle dieselbe Farbe und dasselbe Format haben. Das ist mein Textschatz, mein Steinbruch der Ideen und Sätze, aus dem ich schöpfe.“
Damit ist Louka ein Glücksfall in der deutschsprachigen Popmusik. Auch wenn sie Stein und Bein schwört, dass die herausragenden Bands der NDW keinesfalls für ihre Musik Pate gestanden haben, so knüpft Louka doch an das Emotional-Spielerische, an das Prinzip des Authentischen im Künstlichen, überhaupt an eine ernsthafte Leichtigkeit an, für die NDW-Bands wie Ideal, Grauzone oder Spliff einst gestanden haben. Tatsächlich glaubt LOUKA an die alte Maxime in der Kunst, dass die Wirklichkeit wichtiger ist als die Wahrheit, dass das authentische Ich hinter einer konstruierten Identität zurücktritt.
Dabei werden bei Louka auch musikalisch unglaubliche Spielräume geöffnet. Ihr künstlerischer Gegenpol ist Johann Seifert, der eine ganz eigene, mit sparsamen Beats, funky-minimalistischen Gitarren-Licks und eigenwilligen Synth-Melodien sofort wiedererkennbare Klangwelt um Loukas Stimme gebaut hat. Trotzdem, sagt Louka, fühlen sich die beiden nicht als Duo, sondern als „Louka und die Musik“.
Denn es sind immer und immer wieder Loukas bizarr-inspirierten Wortcollagen, die den Hörer in den Bann ziehen. In dem herausragenden Song „Flimmern“ etwa singt sie zum minimalistischen Stakkato eines Elektrodisko-Beats: „So nah dran / Wolken aus Atem / Euphorie ist die Energie, die meine Gedanken in Bewegung übersetzt / Und es flimmert, es flimmert, es flimmert unter meiner Haut / Es treibt, treibt, treibt uns voran“.
Zweifellos haben wir es hier mit einer Sängerin zu tun, die zwar erst am Anfang steht, aber bereits jetzt eine eigene Stimme und eine eigene Agenda hat. Louka sagt, sie sei sich dessen völlig bewusst, den denkbar ungünstigsten Moment gewählt zu haben, um als Newcomer Musik zu machen. Das halte sie aber nicht davon ab, jetzt erst recht ihren Weg zu gehen. „Ausgetretene Pfade führen nirgendwo mehr hin. Ich habe am Theater in Zürich gearbeitet, habe dort mit Musiken die Theatermusik für ‘Alice im Wunderland’ aus übereinandergeschichteten Stimmen komponiert. Da ist mir klar geworden, dass man immer ein Publikum hat, wenn man nur etwas Besonderes macht, der Funke überspringt. Das Schöne ist ja, dass man sich wiederum vom Besonderen inspirieren lassen kann. Ich gehe oft ins Theater, lese viel, gehe auch ins Kino — aber ich extrahiere aus all diesen popkulturellen Momenten meine ganz eigenen Texte, die mit unserer ganz sparsamen, in ausgewählten Momenten freilich schier explodierenden Musik zusammengehen.“
Und so schliesst sich der Kreis: Dramaturgisch geschickt platzierte Sound-Spielereien spiegeln die ansonsten vorherrschende Reduktion auf das Wesentliche, und darin liegt die Kraft von Louka. Und vielleicht wirken ihre Songs auch gerade deshalb so emotional auf den Hörer, weil sie ihre eigenen Gefühle über Bande spielt, andere, sprich: Zitate, für sich sprechen lässt.
Louka ist eine Sollbruchstelle im Spielbetrieb des Pop, eine clevere und zugleich verspielte Beobachterin der Zeit und der Emotionen, eine, die wir ab sofort nicht mehr dem Blickfeld unserer Radare entwischen lassen dürfen.
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