Empfindsam und vertraut hört es sich an, wenn Valentine ihre Stimme erhebt und zu einem ihrer Songs ansetzt. Wie eine Freundin, die man seit Kindheitstagen kennt. Eine Gefährtin, die man aus den Augen verloren zu haben glaubte. Die dann aber ganz nah scheint, so als wäre sie nie weg gewesen.
Es klingt nach am See verbrachten Sommertagen, nach heimlichen Träumen und nach so weit die Füsse tragen - aber auch ein wenig nach zuhause, wenn man der gebürtigen Friedrichshainerin zuhört.
Als zweites von insgesamt vier Mädchen wächst sie in einer kreativen Patchwork-Familie in Berlin auf. Wenn Verwandte und Freunde zusammen kommen, geht es fast immer um Musik, das Haus voller Menschen, die gerade von einer Tournee zurückkommen oder gleich los müssen.
Valentine mischt schon in allerjüngsten Jahren mit und gewinnt schnell Spass am gemeinsamen Musizieren. Mit sechs – genau ein Jahr nachdem Sie angefangen hat, Klavier zu spielen, schreibt sie ihr erstes Geburtstagslied für den Stiefvater. Mit dreizehn ihren ersten Song über den ersten Liebeskummer.
Fremd sind sich Valentine und die Musik also nicht, als sie mit gerade mal vierzehn von einem Platten-Major entdeckt und unter Vertrag genommen wird. Mit sechszehn erscheint 2005 das erste Album, doch während der Produktion geht ihre Unbekümmertheit verloren. Produzenten, Berater, A&R Manager – viele reden mit und alle Entscheidungen werden über den Kopf des talentierten Teenagers hinweg gefällt. Es folgen zwei weitere Alben in 2006 und 2010. Valentine muss erleben, wie ihre Ideen und Visionen unter einem aufgedrückten Image und Schubladendenken zerbrechen.
Mit zweiundzwanzig zieht sie sich aus dem Musikgeschäft zurück. Runter kommen, durchatmen und die Zwänge der vergangenen Jahre hinter sich lassen. Sie will Musik wieder lieben lernen, einfach nur Songs schreiben.
Dieser Prozess findet ein positives Ende, als sie zwei Jahre später bei „Bosse“ Teil der Live-Band wird. Valentine guckt sich ordentlich was ab von dem Hamburger und die Energie innerhalb der Band überträgt sich schnell auf das neue Mitglied.
Sie sieht und fühlt wieder Dinge, die verschüttet schienen. Die Musik hat sie zurück.
In ihrer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung richtet sie ein kleines „Studio“ ein, besorgt sich Equipment und fängt an, ihre neuen Kompositionen (einen halben Meter von ihrem Bett entfernt) in eine Form zu bringen. Sie schreibt wieder Lieder, als hätte sie nie etwas Anderes gemacht. „Wild Heart“ ist das Erstlingswerk der neuen Selfmade Ära. Weitere Demos lassen nicht lange auf sich warten und erste, kurze Solo Auftritte im Vorprogramm von Bosse ernten viel Zuspruch bei Fans und Kollegen.
Die entscheidende musikalische Unterstützung findet Valentine anschliessend in Hamburg, wo sie zusammen mit Timo Dorsch (Gleis 8) ihre erste EP zu Ende produziert. Das gemeinsame Arbeiten gelingt so leichtfüssig und unbeschwert, wie sie es sich immer ertr6auml;umt hat. Keine Vorgaben, kein Verkrampfen, sondern einfach mal machen, worauf sie am Ende selbst stolz sein wird. Und so verwundert auch nicht, dass sie alle Vocals allein aufnimmt. In Ihrer Berliner Bude unterm Dach – im „kleinen Turmzimmer“, wie sie es nennt. Und so finden jeder Ton, jeder Beat und jede Zeile endlich ihren Weg aus der Version in die Songs – unbestreitbar real, wie auch die Aufnahmen allesamt handgemacht und real eingespielt wurden.
Valentines Indie-Pop ist wie eine wohltuende Reise durch Kapitel voller Sturm und Drang. Mit der ihr eigenen Melancholie erzählt sie vom wilden Herzen und von der Rebellion in ihr. Es geht um Freundschaften und Vertrauen, um gemeinsam sein, um Beziehungen. Um hinfallen, aufstehen und weiter machen.
Beim Zuhörer erwächst dabei schnell ein Gefühl von Vertrautheit, ein sich Wiedererkennen in den von Valentine erlebten Geschichten. Mit großer ätherischer Kraft und Musikalität. Valentine ist angekommen.
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